Die Kehrseite der KI

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Gerade stand ich wieder auf einer Bühne, mitten in der Q&A-Runde, als mir jemand eine Frage stellte, die ich heute häufiger höre als jede technische Detailfrage:

„Wie stehst du zur ökologischen und gesellschaftlichen Belastung, die KI verursacht?“

Früher kamen solche Fragen vereinzelt. Heute sind sie Standard. Das Publikum will keine Euphorie. Es will eine Haltung.

Ich finde das gut.

Je mehr KI in den Alltag wandert, desto bewusster werden die Schattenseiten adressiert. Stromverbrauch, CO₂-Bilanz, Wasserbedarf von Rechenzentren. Deepfakes, Desinformation, Betrug. Und die ehrliche Sorge, dass eine Technologie, die so viel ermöglicht, ebenso viel destabilisieren kann.

Die kritischen Stimmen lehnen KI selten ab – sie wollen verstehen, ob wir als Gesellschaft und als Unternehmen wissen, was wir da tun. Das ist ein Unterschied. Ein wichtiger.

Was Unternehmen jetzt wirklich brauchen: Eine klare KI-Haltung

Eine Haltung bedeutet nicht, KI aus Prinzip zu meiden.
Sondern KI bewusst einzusetzen:

– dort, wo sie echten Mehrwert schafft – strategisch wie operativ.
– mit kluger Ressourcensteuerung statt maximalem Rechenaufwand.
– mit Leitplanken für Sicherheit, Transparenz und Datenqualität.
– mit der Fähigkeit, Risiken ernst zu nehmen, ohne Innovation zu blockieren.

Kurz: Verantwortungsvolle KI heißt nicht „weniger KI“.
Es heißt „bessere KI“.

Ich bin überzeugt: In Zukunft wird niemand mehr akzeptieren, dass Organisationen „einfach mal machen“. Kundinnen, Mitarbeitende, Partner – sie werden Antworten einfordern.

Nicht technische Antworten, Haltungs-Antworten.

„Warum setzen wir KI hier ein und nicht dort?“
„Wie gehen wir mit Energieverbrauch um?“
„Wie schützen wir uns vor Missbrauch?“
„Wie halten wir menschliche Kompetenzen lebendig, wenn Maschinen immer besser werden?“

Unternehmen, die diese Fragen heute nicht adressieren, werden sie morgen unter Druck beantworten müssen.

Wenn mich heute jemand nach den Auswirkungen von KI fragt, kann ich erstmal nur bestätigen, dass es diese zweifellos gibt. Und dann Wege aufzeigen, wie sie adressiert werden können:

– Erneuerbare Energien für Rechenzentren,
– verantwortungsvoller Einsatz von KI,
– und nicht zuletzt ein gesellschaftlicher Lernprozess, dass Audio und Video keine Beweise für echte Begebenheiten mehr sind.

Das braucht Zeit und Einsatz, der sich aber lohnt.

Und man kann im Kleinen anfangen: Legt eine interne Guideline fest, definiert Qualitätskriterien für Prompts und Use-Cases, messt den Ressourcenverbrauch und trainiert Teams, sinnvolle Entscheidungen zu treffen. Haltung entsteht nicht durch ein großes Manifest, sondern durch konsistentes Handeln.

Und falls auf eurer nächsten Q&A-Session jemand die ökologische KI-Frage stellt: Keine Sorge. Die Debatte ist ein Zeichen von Reife, nicht von Widerstand. Und das ist gut.

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