KLARNA: Doch mehr Mensch statt KI

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Klarna rudert zurück und ich darf meine Folien ändern.

Ich gebe es zu: Das Klarna-Beispiel habe auch ich in meinen Vorträgen. 700 eingesparte Stellen im Kundenservice – dank eines KI-Assistenten, der zwei Drittel aller Anfragen übernahm. Für viele war das ein starkes Signal für die Macht generativer KI. Für mich war es ein eindrucksvoller Fall, der zeigte, wie KI Geschäftsprozesse verändert.

Und jetzt? Klarna rudert zurück. Leise, aber spürbar. Neue Callcenter-Mitarbeitende werden eingestellt. Der CEO selbst räumt ein: Manche Kundenanliegen sind schlicht zu komplex, zu emotional, zu individuell – sie brauchen einen Menschen.

Ein Rückschritt? Sicher. Doch darin steckt auch Einsichten:

Erstens: Wer KI ernsthaft ausprobiert, riskiert auch mal einen Umweg.

Klarna hat nicht gezögert, generative KI großflächig einzusetzen. Und das ist mutig, aber richtig so. Nur durch echte Anwendung lernt man, was funktioniert – und was nicht. Dass es nicht bei allen Prozessen die perfekte Lösung war, ist keine Schwäche, sondern zeigt die Bereitschaft zur Anpassung. Wer nichts ausprobiert, kann auch nichts verbessern.

Zweitens: Die Kombination aus Mensch und Maschine bleibt überlegen.

KI ist schnell, effizient und skalierbar. Doch Empathie, Kontextverständnis und Fingerspitzengefühl lassen sich nur schwer automatisieren – zumindest nicht in der Qualität, die Kunden erwarten. Der bessere Kundenservice entsteht durch das Zusammenspiel beider Seiten. Reine Automatisierung mag in der Theorie überzeugen, scheitert aber an der praktischen Umsetzung – insbesondere, wenn die Kunden nicht überzeugt sind.

Ich bin trotzdem der Ansicht, dass man Kunden die Wahl bieten sollte: Die einfachen Fragen erledigt ein KI-Chatbot in der Zeit, die man sonst mit der Warteschleife und dem Abhören der Routing-Hinweise in der Leitung verbringt. Für die komplexen Fragen sollte immer die Möglichkeit offen stehen, einen menschlichen Ansprechpartner zu bekommen. Genau so, wie es Klarna jetzt macht.

Drittens: Wir sind noch am Anfang.

Die Entscheidung von Klarna, den kompletten Support-Prozess an die KI auszulagern, war sicher auch davon getrieben, die Bewertung des Unternehmens zu pushen. Das führte wahrscheinlich dazu, dass es zu früh und umfangreich für den Stand der Technologie war. Das heißt aber nicht, dass man das Thema grundsätzlich ad acta legen sollte (solche Stimmen werden kommen).

Wenn man mit einer intelligenten Auswahl von Use Cases startet, Erfahrungen sammelt und die dann die Weiterentwicklung der Technik mitnimmt, kann man viel erreichen.

Übrigens bin ich sicher, dass Klarna mit der neuen Strategie immer noch viel weiter ist als viele andere. Und mit Sicherheit als diejenigen, die es ja immer schon gewusst haben.

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